Reiner Teichler

Er hat fast alles – und gibt es weiter                Von Jenny Ebert  (SZ 16.04.2007)

Hier scheint es nichts zu geben, was es nicht gibt. Bücher, Postkarten, Gläser, Tassen, Puppen, Steckdosen, CDs, Kassetten, Radios, Kleidung und und und. „Ich habe alles, was im Haushalt gebraucht wird“,...   Hier scheint es nichts zu geben, was es nicht gibt. Bücher, Postkarten, Gläser, Tassen, Puppen, Steckdosen, CDs, Kassetten, Radios, Kleidung und und und. „Ich habe alles, was im Haushalt gebraucht wird“, sagt Reiner Teichler selbstbewusst und macht eine ausladende Geste mit dem Arm in Richtung der Pappkisten, die in seinem Hof stehen.

Alles wird gebraucht, alles!

Seit etwa zweieinhalb Jahren sammelt der Weißwasseraner gebrauchte Haushaltswaren. Dazu fährt er durch die ganze Region zu Haushaltsauflösungen, auch bis in den Raum Dresden. Dort wird dann genau untersucht, was noch brauchbar ist und mit nach Weißwasser genommen wird.

Und hier entscheidet tatsächlich nur die Qualität, nicht die Art des Übrigen. „Denn die Frage ist nicht, was die Leute so brauchen und kaufen könnten. Es wird absolut alles gebraucht“, so Reiner Teichler. Er hat Menschen kennengelernt, die nur den Deckel einer ganz bestimmten Kaffeekanne suchen oder ein bestimmtes Bauteil eines Radios aus den 1950er Jahren. „Es gibt sogar einen Herren, der Schachbretter als Hobby für sich entdeckt hat. Der sitzt dann manchmal stundenlang bei mir am Stand und sucht die Postkarten durch, ob irgendwo ein Schachbrett abgebildet ist.“ Sogar Bestellungen geben die Flohmarktfreunde bei Reiner Teichler ab, wie er erzählt, und er versucht dann, das Entsprechende zu finden. Doch dann wird der 51-Jährige wieder ernst: „Es gibt aber neben den Sammlern auch immer mehr Menschen, die sich nichts Anderes mehr leisten können.“ Besonders Dinge wie Jacken, Handtaschen und Bekleidung allgemein zu Preisen mit eher symbolischem Charakter liegen nicht lange in den Teichlerschen Kisten. „Vor allem die Spätaussiedler decken sich geradezu ein bei mir.“ Früher war Reiner Teichler selbst ein begeisterter Sammler, zum Beispiel von Münzen. Und auch heute entdeckt er zwischen den vielen Gebrauchsgegenständen immer einmal wieder ein Kleinod, das er selbst gern behalten würde – Taschenuhren beispielsweise. „Aber das geht nicht. Ich sammle heute überhaupt nichts mehr.“ Schließlich sind neben der Garage auch schon diverse Kellerräume voll geräumt. Dazu kommt eine weitere große Garage in Schleife, ebenfalls voll gestellt mit Kisten. „Ich suche händeringend nach einer Lagerhalle. Um von da aus vielleicht auch den Verkauf zu machen. Aber sie darf eben nicht viel kosten.“

Ein Haus in Weißwasser

Denn es ist schwer berechenbar, das Geschäft mit den Dingen aus zweiter Hand. Manches liegt nur wenige Tage in den Kisten, Anderes schafft Reiner Teichler dann schon selbst weg, weil es keiner mehr will. Sein Geschäft eines Tages vielleicht andernorts zu etablieren, kommt für ihn nicht infrage. „Wir haben hier vor über 20 Jahren das Haus gebaut, jetzt bleiben wir auch hier.“

Doch zugleich räumt er auch ein, dass es ohne diesen Hausbau nach dem Ende der Beschäftigung im Tagebau für ihn und seine Frau vielleicht tatsächlich in eine andere Region gegangen wäre. Vielleicht ja sogar zur Tochter nach Dresden, die seit vergangenem November in Papas Branche eingestiegen ist und in dieser Stadt ein Trödelgeschäft betreibt, auch wertvolle Bilder und Figuren verkauft, die bei Haushaltsauflösungen auftauchen.

Dann muss Reiner Teichler los. Seine Kisten wollen gepackt werden für den nächsten Flohmarkt – irgendwo zwischen Dresden und Lübbenau – wie immer.